Ökodesign gilt als eines der Kernelemente einer hochkaskadierenden Kreislaufwirtschaft, in der Produkte möglichst lange wiederverwendet und im Kreislauf geführt werden, bevor sie im letzten Schritt recycelt oder thermisch verwertet werden. In der Veranstaltung am 8. April der Plattform Industrie 4.0 „Zirkuläres Design – der Schlüssel für die Kreislaufwirtschaft“ beleuchteten wir das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven, mit vier Vorträgen aus Industrie und Forschung.
Ökodesign und Kreislaufwirtschaft – eine starke Kombination mit viel Potential
Prof. Wolfgang Wimmer ging in seinem ersten Vortrag auf die Grundlagen von Kreislaufwirtschaft und Ökodesign ein. Der Ressourcenverbrauch hat sich von 2000 bis 2021 verdoppelt, der Earth-Overshoot-Day wird jedes Jahr früher erreicht, dennoch scheint die Kreislaufwirtschaft noch nicht überall angekommen zu sein. Doch die Kreislaufwirtschaft zeigt großes Potential und kann auch ein Booster für die Wirtschaft sein, in dem sich der Wertschöpfungsbereich von der Produktherstellung selbst auf beispielweise Zwischenhandel oder Produktnutzung erweitert. Dies wird am Beispiel des Flottenmanagements von Hilti gezeigt. Die vier Kernschritte der Kreislaufwirtschaft sind dabei: Anforderungen erheben, Strategie finden, Produkte verbessern und Geschäftsmodelle anpassen. Dies wird anhand mehrerer Beispiele (Schreibtischsessel, Elektronikgeräte) veranschaulicht. So kann die Kreislaufwirtschaft dazu beitragen, neue Produktideen und Geschäftsmodelle zu entwickeln, die Umweltperformance von Produkten zu verbessern, kreislauffähige Produkte mit hoher Wertschöpfung aus eingesetzten Ressourcen zu schaffen sowie zukünftig erforderliche gesetzliche Anforderungen zu erfüllen.
Nachhaltiges Produktdesign von Frequenzumrichtersystemen
Im zweiten Vortrag ging Gerhard Felber von Schneider Electric Power Drives anhand sehr konkreter Beispiele auf spezifische Nachhaltigkeitsstrategien, sowie auf das nachhaltige Produktdesign von Frequenzumrichtern ein. Nachhaltigkeit und Ökodesign sind dabei schon seit einigen Jahren im Betrieb fest verankert und demnach gibt es etablierte Strukturen. Zunächst wurde auf das „Green Premium“ Umweltzertifikat eingegangen, welches verschiedene Zertifikate kombiniert und den Kunden alle Umweltinformationen auf digitalem Wege zur Verfügung stellt. Anschließend wurde der „ECO Design Way“-Prozess beschrieben und die relevanten Phasen dieses Prozesses erläutert, von „Concept & Feasibility“ über das Produkt selbst bis hin zur Vermarktung der Ergebnisse – dies wurde am Beispiel der Gegenüberstellung von diskreter Verdrahtung und PCBA-Platten diskutiert. Schließlich wurde auf den Reparaturindex nach EN 45554 eingegangen, der es ermöglicht, eine quantitative Einschätzung für die Reparierbarkeit eines Produkts zu ermitteln – als Beispiel dient ein modulares ATV-Antriebssystem.
Circular Design Rules
Im dritten Vortrag stellte Ronja Grossar die am Institute of Design Research Vienna (IDRV) entwickelten Circular Design Rules (CDR) vor und diskutierte zunächst die Beeinflussbarkeit und Einflussstärke von zehn Ökodesignprinzipien, wie Rücknahme, Reparierbarkeit, Demontage, oder Modularität . Anschließend präsentierte sie die CDR Version 2.0, die mit einer grafischen Oberfläche schrittweise die kreislauffähige Gestaltung von Produkten unterstützt, bewertet und visualisiert. Die CDR können hier ausprobiert werden und werden am Beispiel der „ATELEA“ Lampe von Zumtobel detailliert erläutert. Die CDR sind in folgende drei Hauptkategorien gegliedert, die jeweils aus drei Unterprinzipien bestehen:
Produktmaterialien:
- Aus erneuerbaren Materialien oder Rezyklaten konzipieren
- Wiederverwendbare oder abbaubare Materialien nutzen
- Materialverbrauch minimieren
Produktkomponenten:
- Trennbarkeit der Produktbestandteile sicherstellen
- Modulare Produktdesigns fördern
- Updates und Upgrades berücksichtigen
Produktsysteme:
- Rücknahmeprozesse gestalten
- Wiederverwendung von Produkten und Komponenten ermöglichen
- Produkt als Dienstleistung anbieten
Sustainable Polymer Composites for Future Car Headlights
Im vierten Vortrag von Dr. Baran Sarac der ZKW Group standen Nachhaltigkeitsansätze im Fokus. Erste Einblicke gab das FFG Projekt „SusMat4Carlight“, das nachhaltige, recycelbare Materialverbünde für Auto-Scheinwerfer erforscht. Ziel ist die Entwicklung umweltfreundlicher Polymermaterialien aus erneuerbaren und recycelten Quellen, um den CO2-Fußabdruck zu senken. Kooperationen mit Universitäten sollen die Marktreife dieser Werkstoffe beschleunigen und ökonomische wie ökologische Vorteile bieten. Das zweite FFG Projekt „Repairtecture“ teilt sich in vier Teilprojekte auf, die sich mit der Entwicklung leicht reparabler Polymermaterialien befassen, um sowohl ökologischen als auch gesellschaftlichen Nutzen zu steigern. Es entstehen innovative Reparaturmethoden und Simulationswerkzeuge, um Reparaturbedarf vorherzusagen und die Leistungsfähigkeit reparierter Bauteile zu bewerten, sowie neue reparaturfreundliche Verbindungstechniken zu erkunden.
Für alle interessierten Mitglieder sind die Vorträge der Veranstaltung im Mitgliederbereich verfügbar.