Dem Thema „künstliche Intelligenz“ (KI) wird aktuell sehr viel Potenzial zugeschrieben. Seit dem Sommer hat Österreich mit der „Artificial Intelligence Mission Austria 2030“ auch eine eigene Strategie zum Thema. Doch was ermöglicht KI in der Praxis, insbesondere in der Produktion?
Dieser Frage ging die Plattform Industrie 4.0 in einem „Use Case Nachmittag“ zum Thema nach. Dabei wurden verschiedene Unternehmen eingeladen, die KI-Lösungen anwenden, anbieten oder integrieren – anhand konkreter Beispiele wurden verschiedene Anwendungsfälle der Technologie aufgezeigt und besprochen.
KI als Tool für Prüfungen und Inspektionen
TÜV Austria ist als Unternehmen u.a. in den Bereichen der Prüfung und Zertifizierung tätig, KI ist in beiden Bereichen ein wichtiges Thema. In der Prüfung von Anlagen kommt KI beispielsweise bei Seilbahninspektionen oder bei der Schallemissionsprüfung zum Einsatz.
Bei letzterer handelt es sich um eine zerstörungsfreie Prüfmethode, mit der die Strukturfestigkeit von Druckbehältern überprüft werden kann. Aufbauend auf der Datenbasis aus früheren Prüfungen, klassifiziert eine auf Machine Learning aufbauende Anwendung z.B. LPG-Tanks. Der KI-Einsatz ermöglicht dabei eine verbesserte Prüfung, kürzere Reaktionszeiten und eine Reduktion der Arbeitsbelastung für MitarbeiterInnen.
Mit KI und mit deren Zertifizierung beschäftigt sich auch das neueste Whitepaper von TÜV Austria und JKU Linz. Darin werden u.a. verschiedene Prüfbereiche und Risikoklassen für KI vorgeschlagen.
Qualitätssicherung mit KI
Die Entwicklung von KI-Anwendungen im Bereich der Qualitätssicherung beschäftigt die Firmen Axians ICT Austria, Actemium und IoT40, die Teil der weltweit tätigen Unternehmensgruppe VINCI sind.
Bei IoT40 in Klagenfurt beschäftigen sich die MitarbeiterInnen mit der vorausschauenden, optischen Erkennung von Problemen im Produktionsprozess. Das eigens entwickelte System „Caberra“ erkennt mit Hilfe von Edge Computing und einer Kamera Abweichungen im Produktionsprozess. Im Bereich der Holzindustrie kann das System z.B. die Schiefstellung von Baumstämmen erkennen und so eine potenzielle Verkeilung verhindern. Auch im Bereich der Metallindustrie und im Sicherheitsbereich kommt Caberra bereits zum Einsatz.
Ebenfalls vorgestellt wurde der „Rapid Digital Twin“, eine Methodik, die mit Hilfe von Fotos und deren Verknüpfung mit verschiedenen Datenquellen die schnelle, digitale Abbildung eines Produktionsstandortes ermöglicht.
KI für die Erweiterung von Geschäftsmodellen
Als Beratungsunternehmen setzt Arthur D. Little zahlreiche Projekte im Zusammenhang und unter Einsatz von KI um. Dabei spielen auch weitere technische Entwicklungen eine wichtige Rolle: KI-Anwendungen benötigen hohe Rechenleistungen, die durch High Performance Computing ermöglicht werden. Auch die Art und der Ort der Datenspeicherung sind wesentlich für KI-Anwendungen.
Durch die steigende Verfügbarkeit von Rechenleistung und Daten bietet KI sowohl kleinen als auch großen Unternehmen Möglichkeiten, ihre Geschäftsmodelle anzupassen und von spezifischen Anwendungen zu profitieren.
Die gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Umsetzung von KI-Projekten hat ADL gemeinsam mit dem deutschen eco-Verband vor kurzem in einer Studie veröffentlicht.
Herausforderungen mit KI bewältigen
Das Wiener Unternehmen craftworks spezialisiert sich auf maßgeschneiderte KI-Lösungen für datengetriebene Herausforderungen in der Industrie. Dazu zählt die Prozessoptimierung: Mit Hilfe von visueller Inspektion werden z.B. in einem Sägewerk der Durchsatz erhöht und die Belastung der Anlagenkomponenten reduziert. In der Automobilindustrie wird das Erkennen und Erklären von Defekten industrieller Komponenten automatisiert.
Durch die Definition konkreter Zielwerte (z.B. Durchsatzmenge, Betriebszeit…), unter Einbeziehung historischer Daten und mit Hilfe von virtueller Simulation setzt craftworks individuelle Lösungen in unterschiedlichen Industrien um. Auch bei Leimpressen, in der Papierindustrie oder im Bereich des Spritzgießens unterstützt craftworks die Optimierung von Prozessen.
Mit der Plattform „navio“ möchte craftworks zudem den Einsatz von Machine Learning in Unternehmen beschleunigen und weitgehend automatisieren:
Beschreibung der Funktionsweise von navio
KI as a Service
Eine auf KI aufbauende Software-Suite bietet das amerikanische Unternehmen C3.ai an. Dabei möchte man insbesondere die Komplexität der eingesetzten Technologien für AnwenderInnen vereinfachen.
Die verschiedenen Applikationen (Software as a Service) des Unternehmens umfassen z.B. Predictive Maintenance oder Energie-Management. Sie bauen auf einer eigens kreierten Plattform auf (Platform as a Service), die wiederum auf Cloud Computing setzt (Infrastructure as a Service).
Bei C3.ai zielt man darauf ab, mit Hilfe eines ganzheitlichen Ansatzes die Geschwindigkeit der Umsetzung von KI-Lösungen zu erhöhen.
Wir bedanken uns bei allen Vortragenden und bei allen TeilnehmerInnen am 10. Use Case Nachmittag! Die Use Case Nachmittage sind ein Format der ExpertInnengruppe Neue Geschäftsmodelle. Das Format ist für alle Mitglieder der Plattform Industrie 4.0 zugänglich. Sollte Ihr Unternehmen Mitglied, aber nicht auf dem Verteiler der ExpertInnengruppe Neue Geschäftsmodelle sein, melden Sie sich gerne bei michael.fellner@plattformindustrie40.at.
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Foto von Arie Wubben auf Unsplash